2. Lehre von den Nebennoten
Eine Nebennote (englisch: non-chord tone oder neighbor tone) ist ein Ton, der nicht zum aktuellen Akkord gehört und als akkordfremder Ton verwendet wird. Sie dient dazu, Melodien zu bereichern, Spannung zu erzeugen oder harmonische Verbindungen fließender zu gestalten. Nebennoten können diatonisch (innerhalb der Tonleiter) oder chromatisch (außerhalb der Tonleiter) sein und treten oft in Form von Durchgängen, Wechselnoten, Vorhalten, Antizipationen oder Umspielungen auf
Die Wirkung von Nebennoten in der Musik ist vielseitig und hängt stark von ihrem Kontext und ihrer Verwendung ab. Sie beeinflussen sowohl die Harmonik als auch die Melodik eines Stückes und tragen zur musikalischen Spannung, Bewegung und Ausdruckskraft bei.
1. Spannung und Dissonanz
- Nebennoten sind oft dissonant im Verhältnis zum Akkord, zu dem sie gehören. Diese Dissonanz erzeugt Spannung, die durch die Auflösung in einen akkordeigenen Ton harmonisch beruhigt wird.
- Vorhalte oder Durchgänge beispielsweise schaffen eine Erwartungshaltung beim Zuhörer, die das Musikstück dynamischer macht.
2. Melodische Bewegung
Nebennoten wie Durchgänge oder Wechselnoten verleihen einer Melodie Fluss und Bewegung, indem sie akkordeigene Töne verbinden oder umspielen.
Chromatische Nebennoten können zusätzliche Farbigkeit und Komplexität in die Melodie 3. Ausdruck und Emotion
- Die gezielte Verwendung von Nebennoten kann bestimmte Emotionen verstärken:
- Vorhalte erzeugen oft Dramatik oder Spannung.
- Wechselnoten verleihen Melodien Leichtigkeit oder Verspieltheit.
- Antizipationen (Vorausnahmen) können Überraschung oder Vorfreude hervorrufen].
4. Harmonische Erweiterung
- Nebennoten erweitern die Harmonie eines Stücks, indem sie zusätzliche Töne einführen, die nicht zum Grundakkord gehören. Dadurch wird der Klang reicher und komplexer[.
- 5. Verzierung und Ornamentik
- In der Verzierungspraxis (z. B. Triller, Doppelschlag) dienen Nebennoten dazu, Melodien kunstvoll auszuschmücken und ihnen eine dekorative Qualität zu verleihen.
Fazit
Nebennoten sind essenziell für die musikalische Gestaltung, da sie Spannung, Bewegung und emotionale Tiefe erzeugen. Sie verbinden Harmonie und Melodik auf kreative Weise und bereichern den Klang eines Musikstücks erheblich.
Hier ist eine vollständige Auflistung der möglichen Nebennoten (akkordfremden Töne), die in der Harmonielehre vorkommen:
1. Vorhalt (suspension)
- Ein Ton des vorherigen Akkords wird „vorenthalten“ und löst sich stufenweise in einen akkordeigenen Ton des aktuellen Akkords auf.
- Beispiel: F im C-Dur-Akkord (Quartvorhalt), das sich zu E (Terz) auflöst.
2. Durchgang (passing Tone)
Ein Ton verbindet zwei akkordeigene Töne stufenweise.
Beispiel: D als Durchgang zwischen C und E im C-Dur-Akkord.
3. Wechselnote (neighbor Tone)
- Ein akkordeigener Ton wird kurz verlassen, bevor zu ihm zurückgekehrt wird.
- Es gibt:
- Obere Wechselnote: Halboder Ganztonschritt nach oben.
- Untere Wechselnote: Halboder Ganztonschritt nach unten.
- Beispiel: D – C – B – C in einem C-Dur-Akkord.
4. Antizipation (anticipation)
- Ein Ton aus dem nächsten Akkord wird vorweggenommen, bevor der Akkord tatsächlich erklingt.
- Beispiel: In einem G-Dur-Akkord wird ein H gespielt, das eigentlich zum folgenden C-Dur-Akkord gehört.
5. Orgelpunkt (pedal tone)
- Ein langer, gleichbleibender Ton, der unabhängig von den wechselnden Akkorden erklingt.
- Meist im Bass, kann akkordeigen oder akkordfremd sein.
- Beispiel: Ein durchgehendes C, während die Akkorde wechseln.
6. Umspielung (paraphrase)
- Ein Akkordton wird von seinen beiden Nebennoten eingerahmt (obere und untere Nebennote).
- Beispiel: D – E – F – E, wobei der Hauptton hier das E ist.
7. Chromatische Nebennoten (chromatic neighbor tone)
- Durchgänge oder Wechselnoten, die nicht diatonisch sind, sondern chromatisch eingefügt werden.
- Beispiel: In C-Dur könnte ein chromatischer Durchgang zwischen C und E über C# – D – D# erfolgen.
8. Abspringende Nebennote (escape tone
- Der akkordfremde Ton wird schrittweise erreicht, aber dann sprungweise verlassen.
- Beispiel: Von einem akkordeigenen Ton wie C zu einem Nebenton wie D, dann Sprung zu einem anderen Ton wie G.
9. Angesprungene Nebennote (appoggiatura)
- Der akkordfremde Ton wird durch einen Sprung erreicht und löst sich schrittweise auf.
- Beispiel: Sprung von einem akkordeigenen Ton wie C zu einem Nebenton wie F, dann Rückkehr zu einem akkordeigenen Ton wie E.